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Interview Benno Koch

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Interview mit Benno Koch

fahrrad.de: Mit deiner langjährigen Erfahrung im städtischen Radverkehrsalltag sprichst du öffentlich die Meinung vieler Alltagsradler aus. Was sind deiner Meinung nach momentan die größten Schwachpunkte der Fahrradmobilität in den Städten?
Benno: Alle Standards, die wir von der normalen Verkehrsplanung fürs Auto oder öffentliche Verkehrsmittel kennen, gelten für den Fahrradverkehr nur stark eingeschränkt. Es gibt keine automatische flächendeckende Verkehrszählung für den Fahrradverkehr. Verkehrszählungen sind zum Beispiel beim Kfz-Verkehr Grundlage für Verkehrsprognosen und Forderungen nach mehr Straßen und Geld. Es gelten in der Praxis auch keine baulichen und verkehrsrechtlichen Standards für den Fahrradverkehr – auch wenn dies theoretisch schon besser geworden ist. Asphalt in Straßenqualität ist für Radwege gerade innerhalb von Städten noch immer nicht selbstverständlich. Auch die Stetigkeit und die bauliche Führung von Radwegen ist abenteuerlich. Dem gegenüber steht die massive Abstimmung mit den Rädern: In Berlin soll sich der Fahrradanteil von 6 Prozent Anfang der 1990er Jahre auf inzwischen 18 Prozent sogar verdreifacht haben.

fahrrad.de: Was wären deiner Meinung nach die wichtigsten Maßnahmen um den Fahrradverkehr voran zu treiben?
Benno:Es müssen die gesetzlichen Grundlagen verändert und angepasst werden. An erster Stelle steht für mich die Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum Überholen von Radfahrern durch Autofahrer. Bereits heute entscheiden die Gerichte eindeutig, dass Radfahrer mit einem seitlichen Mindestabstand von 1,5 Metern überholt werden müssen. Dazu kommt die Fahrspur des Fahrrades von 1,0 Metern sowie 0,8 Meter Sicherheitsabstand zu parkenden Autos. Macht zusammen 3,3 Meter – es muss also immer auf der zweiten Spur oder der Gegenfahrbahn überholt werden. Eigentlich ganz einfach – machen leider nur zu wenige Autofahrer. Und es steht so konkret nicht in der StVO. Das Ergebnis ist die Angst vieler Radfahrer ganz normal die normale Fahrbahn zu nutzen und die Verdrängung auf die Gehwege, um dort Fußgänger zu belästigen und an der nächsten Kreuzung durch rechtsabbiegende Pkw und Lkw im eigentlich nicht mehr vorhandenen toten Winkel regelmäßig vergessen zu werden. Würde die Regelung zum Überholen eindeutig so auch in der StVO stehen, wäre nicht nur mehr Klarheit, sondern auch 90 Prozent aller Ursachen von Fahrradunfällen beseitigt. Und natürlich muss es eine automatische Berücksichtigung des Fahrradverkehrs bei allen Planungen geben. Damit es keine Ausreden beim Geld mehr gibt, müssen bei allen Verkehrsprojekten 5 Prozent der Investitionssummen dem Fahrradverkehr zu Gute kommen. Zur Erinnerung: In Berlin hat der Fahrradverkehr sogar einen Anteil von 18 Prozent, bundesweit sind es im Durchschnitt 10 Prozent. Zwei aktuelle Großinvestitionen in Berlin kosten zusammen rund 1 Milliarde Euro: Rund zwei Kilometer Stadtautobahn Verlängerung A100 zum Treptower Park und rund zwei Kilometer U-Bahnlinie U5 zum Brandenburger Tor. Fünf Prozent der Gesamtinvestitionen würden also 50 Millionen Euro für den Fahrradverkehr bedeuten. Zum Vergleich: 2014 hat Berlin wohl nur 4 Millionen Euro fürs Fahrrad investiert – halb so viel wie angekündigt.

fahrrad.de: Man hört inzwischen häufig von fahrradfreundlichen Unternehmen, was machen, deiner Meinung nach, fahrradfreundliche Unternehmen aus?
Benno: Alles beginnt damit, dass es sozial akzeptiert ist mit dem Rad ganz normal in die Firma zu fahren. Also wenn der Chef selbst Rad fährt und dies gelegentlich auch kommuniziert wird, ist dies schon unbezahlbar. Und dann kommen eine ganze Reihe weicher und harter Faktoren: Duschen, Umkleiden und sichere überdachte Fahrradbügel auf dem Unternehmensgelände machen die Entscheidung fürs Fahrrad einfacher. Gute Firmen bieten auch mal in der Mittagspause kleine Workshops zu allen möglichen Fahrradthemen an und lassen zum Beispiel auch das Sommerfest einfach mal auf dem Fahrrad beginnen. Das Ganze kann für besonders Interessiert mit wöchentlichen Radtouren, auf denen man die Struktur der Stadt aus Fahrradsicht kennenlernt, bis zum knallharten Managertraining beliebig erweitert werden. Ich habe das schon mit ganz großen Firmen über Jahre durchexerziert. Man glaubt gar nicht, wie einfach die Fahrradwelt plötzlich werden kann.

fahrrad.de: Würdest du sagen es gibt viele fahrradfreundliche Unternehmen in Deutschland?
Benno: Eindeutig zu wenige. Zwar gibt es wirklich überraschend positive Beispiele. Aber gemessen an den regelmäßigen Fortbildungen für alles Mögliche, spielt das Fahrrad im Denken der Unternehmen kaum eine Rolle. Das ist insofern interessant, da sich mit dem Fahrrad nicht nur entscheidend die Themen Bewegungsmangel und Gesundheit lösen lassen. Auch bei der Kommunikation auf einer kleinen Radtour öffnen sich ungeahnte Welten und niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten, die im Besprechungsraum in aller Regel ausgeschlossen sind.

fahrrad.de: Wenn man sich momentan in der Fahrradszene umhört, dann scheinen Elektro-Räder ein wesentlicher Bestandteil der Fahrradmobilitäts-Zukunft zu sein. Wie siehst du die Zukunft von E-Bikes?
Benno: Das E-Bike ist selbsterklärend und eine auch von mir vor Jahren so nicht für möglich gehaltene Erfolgsgeschichte. Wir bewegen uns ja praktisch ohne staatliche Förderung für Elektrofahrräder stramm auf die 2-Millionengrenze zu. Nur zur Erinnerung: Mit Milliardenförderung soll die Zahl von einer Millionen E-Autos bis 2020 erreicht werden – davon ist bis heute in Wahrheit nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Was ich mir wünschen würde, dass die Kommunikation ehrlicher wird. Also wenn ein E-Bike bei Gegenwind, in hügligem Gelände, bei weniger als 20 Grad, natürlich mit Gepäck und gerne auch Übergewicht beim Fahrer genutzt wird, dann ist die Reichweite eben vielleicht die Hälfte der beworbenen theoretischen Maximaldistanz. Für die Stadt sind da 50 Kilometer vollkommen ausreichend. Wenn ich aber eine 100-Kilometer-Radtour mache und ab Kilometer 50 ständig Angst habe, dass der Saft zu Ende geht, dann erreiche ich nur Stress und schlechte Laune. Muss ja nicht sein. Ansonsten vertraue ich großen Marktteilnehmern wie Bosch, dass die mit größerer Professionalität uns noch viel Spaß im E-Bike-Bereich bescheren werden. Und dann kann man praktisch jeden Autoweg in der Stadt mit dem E-Bike ersetzen. Genaugenommen funktioniert das schon heute.

fahrrad.de: Was würdest du sagen sind die besten Argumente dafür lieber das Rad zu nehmen statt dem Auto?
Benno: Das Schöne ist doch, dass wir ohne Verbote einen massenhaften Umstieg aufs Fahrrad erleben. Noch erstaunlicher ist, dass es über so viele Jahre bereits so einen Boom beim Fahrradverkauf und bei der Fahrradnutzung erleben kann. Wo doch das Fahrrad weder in den Verkehrsnachrichten, noch in den „Mobilitäts“-Rubriken der Zeitungen, schon gar nicht im Fernsehen oder Radio angemessen vorkommt. Also wenn jenseits der Verkehrsmittels im Alltag das Sportgerät Fahrrad in der Freizeit mit 25 Millionen Aktiven an aller erster Stelle weit vor Laufen, Fußball oder gar Ski fahren liegt, dann frage ich mich schon, wo da eigentlich die Gerechtigkeit in der medialen Berichterstattung liegen soll? Was beim Fahrrad offenbar richtig gut funktioniert, ist die persönliche Erfahrung und persönliche Empfehlung. Wer meist im Tourismus irgendwann mal einen der neuen Radfernwege getestet hat oder einfach die ungeahnten Kontaktmöglichkeiten auf Radtouren erlebt hat, der kann schnell süchtig werden. Ich vergleiche das gerne mit dem Kater nach dem Genuss legaler Drogen zum Beispiel auf einer Party. Auf letzterer macht Alkohol durchaus Spaß, aber der nächste Tag ist verloren. Beim Radfahren ist vielleicht manchmal die Herausforderung seine Leistungsgrenzen immer weiter zu verschieben. Und wenn man am Tag nach der Radtour ausgeschlafen wieder ins Büro kommt, dann kennt das gute Gefühl und die persönliche Fitness oft keine Grenzen. Körpereigene Drogen machen es möglich. Und dabei ist es eine angenehme Ausdauerbelastung, die jeder leisten kann und die sich viel besser in den Alltag einbauen lässt als jedes Fitnessstudio. Man spart also mit dem Fahrrad im Vergleich zum Auto nicht nur den Stau und ist oft mindestens genauso schnell, sondern hat täglich ein Mindestmaß an gesunder Bewegung ohne Mehrkosten und ohne Zeitverlust sogar noch inklusive.

fahrrad.de: Du hast ja schon viele Fahrradreisen unternommen, gibt es eine Fahrrad-Route die du ganz besonders empfehlen würdest?
Benno: Immer wieder die vor der eigenen Haustür. Ich wohne ja direkt am Stadtrand und mein „Park“ ist bei Bedarf auch mal 50 Fahrradkilometer zwischen den Feldern hindurch groß. Mal schnell als Abendrunde in zwei, drei Stunden. Die Barnimer Feldmark macht's möglich. Ein echter Geheimtipp ist natürlich Polen. Komischerweise wird das Land als Reiseland vollkommen unterschätzt. Es gibt Reiseblogger, die waren überall, nur nicht in Polen. Mich fasziniert dieses riesige Land mit seiner unfassbaren Gastfreundschaft. Also Du stehst mitten in der Pampa, die Leute sprechen kein Deutsch und kein Englisch, mein Polnisch ist auch nicht immer überzeugend – und man hilft sich. Trampen ist überhaupt kein Problem. Auch nicht mit dem Seenotrettungskreuzer, wenn man mal einen Fluss ohne Brücke und Fähre überqueren muss. Dazu kommen die alten Burgen, Schlösser und Festungen. Und die richtig gute frische moderne polnische Küche. Ach so: Ausgebaute Radfernwege gibt es in Polen natürlich nicht. Auch wenn es inzwischen einige richtig gute Teilstrecken gibt. Es ist die Entdeckerlust. Zum Beispiel entlang der Flüsse Oder, Warthe und Weichsel. Der aus meiner Sicht zurzeit beste Radweg Polens läuft etwas südlich der Ostseeküste auf dem Bahndamm der alten Kolberger Kleinbahn entlang. Drei Meter breit asphaltiert und rund 60 Kilometer lang. Ein absoluter Geheimtipp.

fahrrad.de: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Benno:Dass wir uns in dieser Stadt Berlin und in diesem Land noch mal richtig zusammenraufen und die Fahrradförderung jenseits der beliebten Sonntagsreden auf ein unumstößliches, qualitativ und quantitativ ernstzunehmendes und gleichberechtigtes Fundament stellen.


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Über Benno Koch

Benno Koch ist ein Fahrradexperte aus Berlin. Er setzt sich tatkräftig für die urbane Radgesellschaft und die Förderung des Radverkehrs ein. Zudem berichtet er über die schönsten Radtouren und Radwege die man in Deutschland und anderen Ländern finden kann. Besonders empfiehlt er dabei einmal eine Radreise durch Polen zu machen. Weiterhin hält Benno Koch Seminare für interessierte Unternehmen zu dem Thema fahrradfreundliche Unternehmen und gibt dabei Tipps, was die Firma alles für die Rad fahrenden Kollegen tun kann und welche Vorteile das Radfahren für die Firma hat.

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